“Demokratie
braucht
politische Bildung”

„Demokratie in Gefahr? Rechtspopulismus und die Krise der politischen Repräsentation“

Rocco Wilken, Bürgermeister von Vlotho, Julia Stute, Fraktionsvorsitzende der CDU im Stadtrat von Vlotho, Christian Dahm, MdL NRW, sowie Ina Bielenberg, AdB-Geschäftsführerin (v.l.n.r.)
Foto: AdB
28.11. 2016

Der AdB beginnt die Aktivitäten zum Jahresthema 2017 mit einer Fachtagung und verabschiedet Stellungnahme

 

Die politische Landschaft verändert sich – in Deutschland, in Europa, in der Welt. Die aktuellen Entwicklungen zeigen, wie schnell demokratische Strukturen durch Polarisierung und rechtspopulistisches Agieren erschüttert und die Legitimität demokratischer Entscheidungen und Instanzen in Frage gestellt werden können. Diese Entwicklungen haben die politische Kultur negativ verändert. Offen als rechtsextrem erkennbare Einstellungen und Gruppen werden stärker und lauter.

 

Diese Entwicklungen nimmt der Arbeitskreis deutscher Bildungsstätten (AdB) zum Anlass, den Schwerpunkt seiner Arbeit im kommenden Jahr auf das Thema „Demokratie in Gefahr? Rechtspopulismus und die Krise der politischen Repräsentation“ zu legen.

 

Als Auftakt fand vom 22. bis 23. November 2016 im LWL-Bildungszentrum Jugendhof Vlotho die Fachtagung zum gleichlautenden Thema statt. Ulrich Ballhausen, Vorsitzender des AdB-Vorstands, eröffnete die Veranstaltung und betonte die Dringlichkeit, sich als zivilgesellschaftliche Akteure stärker in die politischen Debatten einzubringen. Schon heute bestimmen Rechtspopulisten in Parlamenten, Ausschüssen und Gremien die Diskussionen mit und entscheiden damit auch über die politische Bildung. Hier bedarf es anderer, neuer Auseinandersetzungsformen als bisher und es bedarf klarer Positionen. Hierfür Orientierung und Motivation zu geben, sei ein zentrales Ziel dieser Tagung.

 

Den Eröffnungsvortrag hielt Professor Dr. Achim Schröder, Jugend- und Bildungsforscher, der anhand von fünf Thesen das schwindende Vertrauen in das politische System sowie die strukturelle Krise der repräsentativen Demokratie, die sich in der hohen Zahl der Nichtwähler und der sinkenden Zahl von Parteimitgliedern manifestiert, in den Blick nahm. Er beschrieb die steigende soziale Ungleichheit, die durch eine „neoliberale Komplizenschaft“ (Nachtwey) abgesichert werde. Er betonte die Rolle der Familie bei der Reproduktion gesellschaftlicher Herrschaftsverhältnisse und betonte die Relevanz von Emotionen in der Politik und für die politische Willensbildung, die einerseits vielfach unterschätzt wurde und andererseits mit einem Sprung ins „Postfaktische“ auf den Kopf gestellt werde.

 

Der zweite Vortrag zum Thema „ Wer ist das Volk? Rechtspopulismus und Demokratie“, gehalten von Dr. Marcel Lewandowsky, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg, gab einen sehr guten Einblick in die unterschiedlichen Lesarten von Rechtspopulismus und Rechtextremismus und in die vertikalen und horizontalen Abgrenzungsmechanismen. Er beschrieb den Rechtspopulismus als identitäres Demokratieverständnis, das als Stilmittel, aber auch als (Partei)Ideologie genutzt werde. Es zeige sich in der Betonung der eigenen (kulturellen) Identität, im Bedrohungsszenario von außen („Überfremdung“) und von innen (Erosion traditioneller Lebensweisen), in der (Wieder)Herstellung von Identität als Staatsaufgabe, im Wohlfahrtschauvinismus, im Nativismus und Rechtspopulismus.

 

Zu einer Podiumsdiskussion mit dem Titel „Gut vertreten? – Die Beziehung zwischen politisch Verantwortlichen und Bürgerinnen und Bürgern“ waren Christian Dahm, MdL NRW, Rocco Wilken, Bürgermeister von Vlotho sowie Julia Stute, Fraktionsvorsitzende der CDU im Stadtrat von Vlotho eingeladen. Moderiert wurde die Gesprächsrunde von Ina Bielenberg, Geschäftsführerin des AdB. Thematisiert wurden die Bürgernähe der Politiker/-in, die Motivation der Menschen zu politischem Engagement, die wachsende Politikferne sowie die sinkende Wahlbeteiligung. Einig waren sich die Teilnehmenden auf dem Podium darin, dass es eine wichtige Aufgabe der Politik sei, eine gute politische Bildung sowohl in Schulen als auch in Einrichtungen der außerschulischen Bildung zu ermöglichen.

 

Der zweite Tag der Veranstaltung startete mit der Arbeit in drei Workshops, in denen die politische Bildung mit „besorgten“ Bürgerinnen und Bürgern, die Auseinandersetzung mit Rechtspopulisten in zivilgesellschaftlichen Strukturen sowie die aktuellen Herausforderungen politischer Bildung im Fokus standen. Anschließend öffnete Gina Ebner, Generalsekretärin der European Association for the Education of Adults (EAEA) in Brüssel den Blick auf das Tagungsthema aus europäischer Perspektive.

 

Zur Vorbereitung des Jahresthemas hat die Mitgliederversammlung des AdB, die unmittelbar nach der Fachtagung ebenfalls in Vlotho stattfand, eine Stellungnahme verabschiedet. Damit konnte das Startsignal für die Aktivitäten der Mitgliedseinrichtungen zum Jahresthema im kommenden Jahr gegeben werden. Diese Aktivitäten werden an die vielfältige Bildungsarbeit der Träger politischer Bildung anknüpfen, an ihr Engagement gegen Rechtspopulismus, Rechtsextremismus und Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, an das Bemühen um die Stärkung der Demokratie, der Solidarität und Gerechtigkeit.

 

Während der Mitgliederversammlung wurde ein neues Mitglied in den AdB aufgenommen. Der AdB begrüßt Die Kopiloten e. V. aus Kassel und freut sich auf die Zusammenarbeit. Die Mitglieder verabschiedeten in Vlotho zudem die Arbeitsplanung des AdB für das Jahr 2017 zur Umsetzung der bundeszentralen Fachaufgaben, zur Durchführung von Projekten, der Fachkommissionen und Arbeitsgruppen sowie der Aufgaben im europäischen und internationalen Bereich.

 

Auf der Homepage des AdB werden Informationen zum Jahresthema 2017 zusammengetragen, wird ein ausführlicher Bericht zur Fachtagung eingestellt und werden die Aktivitäten der Mitgliedseinrichtungen in einem Veranstaltungskalender fortlaufend dokumentiert.