“Demokratie
braucht
politische Bildung”

Flucht und Geflüchtete – Thema und Zielgruppe politischer Bildung

Foto: AdB
4.07. 2016

Erste von drei Fortbildungen erfolgreich durchgeführt

 

Der Arbeitskreis deutscher Bildungsstätten (AdB) hat in Kooperation mit dem Informations- und Dokumentationszentrum für Antirassismusarbeit (IDA) ein Fortbildungsangebot für politische Bildnerinnen und Bildner konzipiert. „Flucht und Geflüchtete – Thema und Zielgruppe politischer Bildung“ ist der Titel dieser Fortbildung, die insgesamt drei Mal angeboten wird und Ende Juni das erste Mal in den Räumen der Heimvolkshochschule Mariaspring bei Göttingen stattfand.

 

Insgesamt vierundzwanzig Teilnehmende waren gekommen, um sich dafür zu qualifizieren, politische Bildungsangebote für geflüchtete Menschen zu organisieren und durchzuführen. Sie erwartete ein anspruchsvolles Programm, das durch Sebastian Rose vom Flüchtlingsrat Niedersachsen eröffnet wurde. Er gab einen grundlegenden Überblick über die aktuelle Situation geflüchteter Menschen weltweit, in Europa und in Deutschland. Er informierte die Anwesenden über Fluchtursachen und Herkunftsländer und erläuterte die rechtliche, soziale und politische Situation von Flüchtlingen in Deutschland. Deutlich wurde dabei wieder einmal, dass die Aussagekraft von Statistiken begrenzt ist und seriöse Interpretationen immer nur im Kontext der jeweiligen Erhebung erfolgen können.

 

An den Vortrag schlossen sich vier verschiedene Fortbildungsmodule an. Gestartet wurde mit der Frage nach der eigenen Verortung als politischer Bildner bzw. politische Bildnerin. Schnell wurde deutlich, dass die ohnehin hohen Anforderungen an die Kompetenzen zur Selbstreflexion im Hinblick auf die eigene Person und die Profession mit der neuen Zielgruppe Geflüchtete noch einmal gestiegen sind. Gefordert sind ein hohes Maß an Sensibilität für oft traumatisierte Teilnehmende, interkulturelle Kompetenz und die Bereitschaft, sich mit den eigenen Vorurteilen auseinanderzusetzen. Keine leichte Aufgabe!

 

Im zweiten Modul ging es um die Zielgruppe selbst und um die Frage, wie sie erreicht, angesprochen und interessiert werden kann. Neue Kooperationspartner wie Migrantenorganisationen, Sozialdienste oder Elternvereine können hilfreich sein. Wichtige Hinweise zu dieser Frage lieferte auch ein Praxisprojekt der Europäischen Jugendbildungs- und Jugendbegegnungsstätte Weimar, das von dem pädagogischen Leiter sowie zwei syrischen Teilnehmern vorgestellt wurde. Selbst erst im letzten Jahr aus Syrien geflohen erläuterten sie, dass für sie der persönliche Kontakt entscheidend war, um Vertrauen zu fassen und zu verstehen, was politische Bildung ist und will – denn derartige Angebote, wie sie hier in Deutschland existieren, sind in Syrien völlig unbekannt.

 

Mit dem dritten Modul der Fortbildung am zweiten Tag wurde es praktisch: Es ging um Formate, Methoden und Inhalte der politischen Bildung mit Geflüchteten. Die Teilnehmenden erhielten den Plan einer Stadt und markierten darauf Orte, die für das demokratische Zusammenleben in der Kommune von besonderer Bedeutung sind. Auf Karten notierten sie ihre Wahl und stellten fest, dass jeder Ort – ob Rathaus, Universität, Kirche oder Kulturinstitution – Anlass für vielfältige Bezüge, Gespräche und Auseinandersetzungen bot. Weitere Ideen wurden gesammelt und am Ende des Moduls entstand eine Liste unterschiedlichster Herangehensweisen.

 

Zum Schluss der Fortbildung beschäftigten sich die Teilnehmenden mit der gesellschaftlichen Rahmung ihrer Angebote. Wie ist das gesellschaftliche Klima, in dem politische Bildung mit Geflüchteten stattfindet? Welchen Einfluss haben Willkommenskultur auf der einen und Alltagsrassismus auf der anderen Seite? Viele Teilnehmenden hatten bereits Erfahrungen gemacht mit beleidigenden oder diskriminierenden Äußerungen. Im Rahmen der Fortbildung wurden Strategien des Umgangs entwickelt und gegenseitige Ermutigungen formuliert, sich gegen unerwünschte Äußerungen zur Wehr zu setzen.

 

In der Feedback-Runde zum Abschluss der Fortbildung äußerten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sehr zufrieden. Die hohe Themendichte hätte ihnen, so die Rückmeldungen, zwar viel abverlangt, die Abwechslung von Themen und Methoden sei jedoch gut und hilfreich gewesen. Gelobt wurde die gute Atmosphäre, die den vertrauensvollen Austausch möglich gemacht habe. Ein besonderer Dank ging zudem an die beiden syrischen Teilnehmer, die sich aktiv eingebracht und dadurch nicht nur ein Reden über, sondern mit der Zielgruppe ermöglicht haben.

 

Für die beiden Folgeveranstaltungen am 10. bis 11. Oktober 2016 in Nürnberg und am 17. bis 18. Oktober 2016 in Bonn sind noch wenige Plätze frei. Die Anmeldung ist bei der AdB-Geschäftsstelle möglich.