“Demokratie
braucht
politische Bildung”

Geschlechterbilder des Rechtspopulismus

Sitz des Bildungszentrums dock europe e. V. – als Teil einer Genossenschaft in einer ehemaligen Kaserne
Foto: Dorfmüller Klier
31.10. 2017

Kommission Geschlechterreflektierte Bildung des AdB greift aktuelles Thema auf

Die AdB-Fachkommission Geschlechterreflektierte Bildung tagte in der letzten Oktoberwoche in Hamburg in der Bildungsstätte des AdB-Mitglieds dock europe. Die Sitzung startete mit einer interessanten Führung. Meike Bergmann von dock europe stellte die Einrichtung vor und führte die Kommissionsmitglieder durch den großen Gebäudekomplex. dock europe ist Teil der Genossenschaft fux, die eine ehemalige Kaserne in Hamburg-Altona gekauft hat. Als einen Teil des Gesamtkomplexes betreibt dock europe seine Bildungsstätte.

 

Der thematische Fokus der Sitzung lag auf dem Thema „Geschlechterbilder des Rechtspopulismus“. Die Kommissionsmitglieder widmeten sich auf der Grundlage von Wahlplakaten rechtspopulistischer Parteien in Deutschland und Österreich der Frage, welche Geschlechterbilder dort vermittelt werden. Die Plakate suggerieren frische, junge und alternative Parteien. Das auf den Plakaten gezeigte Familien- und Frauenbild ist jedoch rückwärtsgewandt und traditionell. Die Plakate zeigen ein Verständnis von Familie als weiße deutsche Kleinfamilie bestehend aus Vater, Mutter, Kind. Dieses Verständnis wird zur Norm erhoben.

 

Gender Mainstreaming, so war den Plakaten zu entnehmen, wird nicht nur abgelehnt, sondern als „Frühsexualisierung“ von Kindern und „Gleichmacherei“ von Frauen und Männern diffamiert. Zur Untermauerung der Aussagen werden unbewiesene und falsche Behauptungen herangezogen. Wissenschaftliche Forschungsergebnisse werden negiert, Emotionen bedient. Die biologistische Sicht auf Geschlecht ist, so resümierte die Kommission, ahistorisch und negiert jede Form von Wandel und Veränderung und die Tatsache, dass Geschlecht immer auch ein soziales Konstrukt ist.

 

Nach einer Berichtsrunde über gelungene Praxisbeispiele zum Themenschwerpunkt der Sitzung widmeten sich die Kommissionsmitglieder der Frage nach dem politischen Umgang mit rechtspopulistischen Parteien. Die Partei „Alternative für Deutschland“ ist in mehreren Landesparlamenten und aktuell auch im Deutschen Bundestag vertreten. Das bedeutet, dass Abgeordnete der AfD auch in den für politische Bildung zuständigen Ausschüssen wie Jugend und Bildung sowie im Kuratorium der Bundeszentrale für politische Bildung vertreten sein werden. Die Kommission diskutierte die Frage, wie mit dieser neuen Zusammensetzung des Parlamentes auf der politischen Ebene umzugehen ist. Einige Schlussfolgerungen der Diskussion waren:

 

  • Es empfiehlt sich, sich nicht an rechtspopulistischen Themen abzuarbeiten, sondern positiv die eigenen Themen zu formulieren und das eigene Verständnis von politischer Bildung, von Demokratie, von Geschlechtergerechtigkeit sichtbar zu machen.
  • Es sollte keine Ausgrenzung betrieben, aber auch keine Bühne geboten werden. Dies verlangt eine qualifizierte und kenntnisreiche Moderation, um beim eigenen Thema zu bleiben und Provokationen nicht wirken zu lassen.
  • Die historisch-politischer Bildung für alle Alters- und Zielgruppen sollte dringend gestärkt werden.
  • Bildungsstätten sollten sich wieder stärker als Teil der Gesellschaft verstehen und sich als politischer Akteur im Gemeinwesen sehen. Sie sollten sich aktiv in den Diskurs um die Fragen „Wie wollen wir zusammen leben?“ und „In welcher Demokratie wollen wir leben?“ einbringen und sichtbar werden.

 

Die Kommissionsmitglieder waren sich einig, dass es eine Diskussion und Schärfung des Verständnisses politischer Bildung geben muss, um sich gegen Anfeindungen einerseits und Überformungen andererseits zur Wehr zu setzen. Um dies zu erreichen, schlägt sie eine Utopiewerkstatt oder Zukunftswerkstatt zur politischen Bildung vor, damit die Träger und Einrichtungen sich austauschen können, um eine Fachdebatte über Arbeitsweisen, Themen, Ziele politischer Bildung anzustoßen, um Geschlossenheit und Solidarität zu bekunden und um als Akteure für eine offene, lebendige, freie Demokratie sichtbar zu werden.