“Demokratie
braucht
politische Bildung”

Rahmenbedingungen europäischer und internationaler politischer Bildung

AdB-Kommission Europäische und Internationale Bildungsarbeit in der Stiftung Begegnungsstätte Gollwitz
Foto: AdB
10.11. 2016

AdB-Fachkommission tagt in der Stiftung Begegnungsstätte Gollwitz

 

Die Mitglieder der AdB-Fachkommission für Europäische und Internationale Bildungsarbeit (EIA) beschäftigten sich auf ihrer zweiten Sitzung vom 2. bis 4. November 2016 in der Stiftung Begegnungsstätte Gollwitz mit zentralen Rahmenbedingungen europäischer und internationaler politischer Bildung.

 

Sowohl der Kinder- und Jugendplan des Bundes (KJP) als auch das Programm Erasmus+ sind die wichtigen Förderinstrumente, die nicht nur die finanziellen Bedingungen für die Träger setzen, sondern über ihre Schwerpunkte und ihre Ausgestaltung auch Auswirkungen auf die Themen, Formate und Zielgruppen der Maßnahmen sowie auf die Zusammenarbeit mit internationalen Partnern haben. Auf der Sitzung standen daher die Beschäftigung mit den neuen Richtlinien des KJP sowie ein Erfahrungsaustausch zum Programm Erasmus+ im Fokus.

 

Während eines Fachtags am 3. November legten die Teilnehmenden den Fokus auf das Thema Flucht und Geflüchtete im Kontext internationaler politischer Bildungsarbeit. Martin Kaiser vom Gustav-Stresemann-Institut in Niedersachsen e. V. – Europäisches Bildungs- und Tagungshaus Bad Bevensen stellte in einem Input das Konzept von Superdiversität vor. Das bot interessante Perspektiven auf die Verständigung über und die Gestaltung von Begegnungssettings, die an diversitätsbewusste Konzepte internationaler Bildung anknüpfen und gesellschaftliche Vielfalt in den Fokus nehmen. Franziska Przechazky vom Internationalen Forum Burg Liebenzell, erläuterte in ihrem Input die rechtlichen Grundlagen und Handlungsfelder europäischer Asylpolitik. Beide Vorträge wurden von den Teilnehmenden als wichtige Orientierungspunkte für die Konzeption von internationalen Bildungsmaßnahmen im Kontext von Flucht und Asyl aufgenommen.

 

In Kleingruppen erarbeiteten die Kommissionsmitglieder Schnittmengen und Unterschiede in der Bildungsarbeit zum Thema Flucht und mit Geflüchteten im interkulturellen nationalen und internationalen Kontext. Es wurde schnell klar, dass in beiden Kontexten mit einem vergleichbaren methodischen Instrumentarium gearbeitet wird, dass jedoch die thematische und gruppendynamische Herausforderung auf der internationalen Begegnungsebene die Komplexität steigert.

 

Die Mitglieder berichteten von ihren konkreten Erfahrungen mit dem Thema Flucht und von Teilnehmenden mit Fluchterfahrung in internationalen Begegnungssettings. Filmdokumentationen der Begegnungen machten die Berichte sehr plastisch. Es wurde schnell klar, dass die Herausforderungen steigen, sowohl durch wachsende Erwartungshaltungen der Partner als auch wegen der besonderen pädagogischen Settings. Deutlich wurde aber auch, dass die im internationalen Kontext politischer Bildungsarbeit geläufigen und bewährten Konzepte und die fundierten methodischen Zugänge für die Arbeit mit hochdiversen Gruppen sehr gut geeignet sind.

 

Als Schwierigkeit, aber auch als Chance für die Begegnungsarbeit auf nationaler und internationaler Ebene, wurden polarisierende Sichtweisen auf Flucht und Geflüchtete benannt. Das kann zu Blockadehaltungen führen, aber ebenso auch zu einer fundierten und wichtigen Auseinandersetzung mit aktuellen Fragestellungen – man muss nur gut darauf vorbereitet sein. Die politischen Bildner/-innen müssen sich des Dilemmas bewusst sein, dass die gesellschaftspolitische Bildungsarbeit, die sich im Kontext der Universalität der Menschenrechte bewegt und den globalen Anspruch von Chancengleichheit und „Equality“ mitformuliert, angesichts vielfacher realpolitischer Brüche, extremer wirtschaftlicher und sozialer Disparitäten und rechtspopulistischer Agitation besonders herausgefordert ist. Dies kann gerade bei internationalen Begegnungen schnell zu einer inhaltlichen Überfrachtung und Überforderung der Teilnehmenden wie auch der Bildner/-innen führen. Was also tun? Ansprüche oder Komplexität reduzieren? Es gibt keinen goldenen Mittelweg: Wir sollten mit diesen Dilemmata offen umgehen.