“Demokratie
braucht
politische Bildung”

Außerschulische Kinder- und Jugendbildung für Demokratie und Vielfalt

Foto: HdJ e. V.
10.09. 2019

Jugendpolitische Fachveranstaltung im Haus der Jugendarbeit und Jugendhilfe e. V.

Am 9. September 2019 fand die diesjährige Jugendpolitische Fachveranstaltung im Haus der Jugendarbeit und Jugendhilfe e. V. (HdJ) statt. Die vier Organisationen, die sich im HdJ e. V. zusammengeschlossen haben, hatten zu dieser Veranstaltung eingeladen: die Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ, der Arbeitskreis deutscher Bildungsstätten e. V. (AdB), die Bundesarbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz e. V. (BAJ) und der Deutsche Bundesjugendring e. V. (DBJR).

 

Mehr als fünfzig Teilnehmende aus unterschiedlichen Arbeitsfeldern der Kinder­ und Jugendhilfe bzw. Jugendarbeit waren der Einladung gefolgt, gemeinsam mit den Vertreter*innen der einladenden Organisationen das wichtige Thema „Außerschulische Kinder- und Jugendbildung für Demokratie und Vielfalt“ zu diskutieren.

 

„Demokratische Gesellschaften und der Primat einer demokratischen Lebensweise stehen unter Druck; komplexe gesellschaftliche Zusammenhänge erfordern den Diskurs auf Augenhöhe, die Suche nach einem tragfähigen Kompromiss für den Weg in die Zukunft – bei oft unterschiedlichen Sichtweisen, Interessen und Bedarfen. Das erfordert Engagement, Zeit und die Bereitschaft, andere Meinungen anzuhören und sie in eine Lösungsstrategie einzubeziehen“, so der Vorsitzende des HdJ e. V., Mike Corsa, der die Veranstaltung eröffnete. „Demokratien haben bewiesen, dass sie unter den Staatsformen die erfolgreichste sind für die Entwicklung der Wohlfahrt, den Abbau von Ungerechtigkeit und den Ausgleich von Interessen. (…) Demokratie muss täglich wieder neu gefüllt und erkämpft werden – es ist immer ein ‚Wir‘ und nicht das bequeme ‚die anderen‘.“

 

Bei der Fachtagung wurden verschiedene Facetten des Themas aufgegriffen und nach konkreten Lösungsmöglichkeiten und methodischen Zugängen gefragt, die helfen, die gemeinsame Verantwortung für unsere Demokratie zu tragen und das „Wir“ zu stärken:

 

Welche Bedeutung haben Wertorientierungen in der Jugendbildung für Demokratie und Vielfalt?

Die Grund- und Menschenrechte und die damit verbundenen Werte sind eine zentrale Basis für das Zusammenleben in der demokratischen Gesellschaft. Wie verbindend diese Werte heute noch? Was muss angesichts tiefgreifender Veränderungen getan werden, um die Tragfähigkeit dieser Grundlage zu erhalten? Die Akteure der politischen Bildung stehen vor der Aufgabe, die Auseinandersetzung mit den Grundwerten, aber auch mit europäischen Werten anzuregen und gemeinsam zu reflektieren, wie wir heute in Deutschland, in Europa, in der Welt zusammen leben wollen.

 

Wie geht Jugendarbeit und Jugendhilfe mit Hatespeech/Fake News um?

Die Veranstaltung hatte bewusst die positive Blickrichtung: „FÜR Demokratie und Vielfalt“ als Fokus gewählt. Aber dennoch ist es notwendig, sich auch mit den Themen Hatespeech und Fake News, quasi mit den negativen Vorzeichen auseinanderzusetzen. Wie wichtig die Beschäftigung mit diesen Themen ist, wird immer wieder im Bereich Jugendschutz, aber auch im Kontext der politischen Bildung deutlich: Zwar ist die Wahrnehmung dieser Phänomene individuell sehr verschieden, aber letztlich ist damit immer gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit verbunden.

 

Wie beeinflussen Angriffe durch Rechtspopulisten die außerschulische Jugendbildung?

Hier wurde deutlich, dass bereits eine Reihe von Einrichtungen und Träger Erfahrungen mit Angriffen und Anfragen gemacht haben: Immer wieder geht es dabei um die Diskreditierung der geleisteten Arbeit, um die Forderung von „Neutralität“ und die Aberkennung der Förderwürdigkeit. Für die Akteure der Jugendarbeit ist es daher besonders wichtig, Bündnisse zu schaffen, sich gegenseitig zu unterstützen und Solidarität untereinander zu zeigen.

 

Wie ist Teilhabe aller – insbesondere der Kinder – an einer demokratischen Gesellschaft möglich?

Weder aus juristischer, wissenschaftlicher oder politischer Perspektive lassen sich Argumente gegen eine Beteiligung von Kindern benennen. Im Gegenteil: Deutlich wird in allen Studien, dass das politische Interesse bereits bei kleinen Kindern geweckt werden kann. Dies bedarf aber bestimmter Rahmenbedingungen, Vertrauen in die Kompetenzen von Kindern und die Bereitschaft, Macht abzugeben.

 

Angesichts aktueller gesellschaftlicher und politischer Entwicklungen setzen sich immer mehr zivilgesellschaftliche Organisationen für die Stärkung der Demokratie, für Pluralität und Vielfalt ein. So auch die beteiligten Verbände im HdJ, z. B. mit der AdB-Stellungnahme „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Wertorientierungen des Grundgesetzes und gesellschaftlicher Wandel“, mit der DBJR-Position „Werkstätten der Demokratie – politische Bildung von Jugendverbänden und Jugendringen stärken und schützen“ oder mit dem AGJ-Positionspapier „Teilhabe: ein zentraler Begriff für die Kinder- und Jugendhilfe und für eine offene und freie Gesellschaft“. Die Verbände setzen sich damit gegen eine Spaltung der Gesellschaft zur Wehr, setzen sich ein für Pluralität und Werteorientierung ein und machen deutlich, dass ein politisches Neutralitätsgebot in die angestrebte Pluralität der Jugendarbeit eingreift und deren Grundlagen in Frage stellt.

 

Mit dieser Veranstaltung konnten Projekte und Vorhaben vor- und zur Diskussion gestellt werden, die helfen, einen Beitrag zur Entwicklung einer starken Zivilgesellschaft zu leisten und ein demokratisches Miteinander zu ermöglichen.