“Demokratie
braucht
politische Bildung”

Welchen Platz wird europäische Demokratiebildung künftig in Europa haben?

12.12. 2013

Die Woche für Lebenslanges Lernen wurde vom 2. bis 6. Dezember 2013 von der Europäischen Plattform zivilgesellschaftlicher Organisationen im Bereich des Lebenslangen Lernens (EUCIS-LLL) im Europaparlament veranstaltet. Georg Pirker, Referent für internationale Aufgaben im AdB und Sekretär des DARE-Netzwerks, war als europäischer Experte für non-formale politische und Menschenrechtsbildung am 2. Dezember 2013 zu einem Round Table mit Vertreterinnen und Vertretern europäischer Forschung, Bildungspraxis und europäischer Politik im Europäischen Parlament in Brüssel eingeladen.

Bei dem Expertengespräch ging es um die Frage, welchen Platz europäische Demokratiebildung künftig in der EU haben wird. Renate Weber, Mitglied im Europäischen Parlament, leitete das Gespräch mit einem Eingangsstatement zur Lage der Demokratie und Zivilgesellschaft ein. Es wurde offenkundig, dass die Vertreter/-innen des Europäischen Parlaments mit Blick auf die Europawahlen befürchten, dass es den rechtspopulistischen Bewegungen europaweit gelingen wird, auf breiter Front ins Europäische Parlament einzumarschieren.

Renato Girelli, Vertreter der Europäischen Kommission DG EC, pflichtete ihrer Analyse bei. Eine Reduzierung der Europäischen Union auf wirtschaftliche Angelegenheiten gehe am Bedarf Europas völlig vorbei. Angesichts der Desintegrationsprozesse muss die Kommission dringend auf demokratische Defizite und Fehlentwicklungen eingehen. Inwieweit dies mit der Fokussierung der neuen europäischen Förderprogramm-Generation gelingen kann, ist allerdings fraglich.  

Die von Seiten des Europäischen Parlaments aufgebrachte Fragestellung nach Erhöhung der Wahlbeteiligung durch Bildungsarbeit ist eine typische politische Forderung. Georg Pirker kommentierte sie mit den Ergebnissen aus der Evaluation des EU-Programms „Jugend in Aktion“, bei der eine signifikant höhere Bereitschaft junger Menschen, sich an politischen Prozessen zu beteiligen, sichtbar wurde. Er verwies jedoch auch auf die Frage, die sich aus den SINUS-Milieustudien und Shell-Studien ergibt, ob ein anderes Verständnis von politischer Beteiligung bei den Jugendlichen nicht dazu führen müsse, politische Partizipation neu zu denken.

Im Rahmen der Diskussion wurden von Aktivistinnen und Aktivisten sowie Lehrenden unterschiedliche europapolitische Bildungssettings aus dem non-formalen und formalen Bereich vorgestellt. Deutlich wurde, dass die Standards europapolitischer Bildungsarbeit im formalen Bildungssektor erschreckend weit hinter die der (non-formalen) außerschulischen Bildung zurückfallen. Freilich verhindern die Projektförderung außerschulischer Bildung wie auch die Eigenlogik formaler Bildungscurricula ein konzeptionell kohärenteres Zusammenwirken, das allerdings sehr wünschenswert wäre. Innovation in dieser Hinsicht ist auf allen Seiten erwünscht.

Georg Pirker verwies in seinem Statement und in Diskussionsbeiträgen auf die Möglichkeiten und Grenzen von Kooperationen außerschulischer und schulischer Bildung und bezog sich dabei insbesondere auf die Erfahrungen im Rahmen des AdB-Jugendbildungsprogramms. Zudem ging er ausführlich auf die Fragestellung nach Messbarkeit von Bildungsleistung im Bereich Europäischer Citizenship Education ein und verwies auf den Widerspruch zwischen Langzeitwirkung und kurzfristiger Projektförderung. Er plädierte für einen kohärenten Ansatz in der EU-Grundrechtepolitik, die Diskriminierung im Sinne Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit betrachtet und nicht jeweils anlassbezogen einzelne gegeneinander auszuspielende Diskriminierungsfelder aufgreift.