Die Vielfalt der beruflichen Hintergründe der Teilnehmer*innen und ihrer derzeitigen Arbeitsweise (in Bezug auf Zielgruppe, Thema und Art der Organisation) spiegelte die große Vielfalt der Fachkräfte für außerschulische politische Bildung in beiden Ländern wider. Die Institutionen, die das politische Lernen in beiden Ländern unterstützen, sind sehr unterschiedlich, ebenso Finanzierungsstrukturen, Netzwerk- und Fortbildungsmöglichkeiten, methodische Ansätze usw. Diese Vielfalt war ein Gewinn für die Gruppe, wie ein Teilnehmer bemerkte:
„Als ich zum ersten Mal gelesen habe, wer mit mir in der Gruppe war, dachte ich, was passiert hier? Ich weiß nicht, wie ich mich darauf beziehen kann, aber jetzt denke ich, dass es eine wirklich gute Möglichkeit war, mehr von dem ganzen Bereich zu sehen, den es in den USA von der Seite der politischen Bildung gibt, wie er strukturiert ist und so weiter.“
Diese Unterschiede stellen zwar eine Herausforderung dar (z. B. bei der Suche nach einer gemeinsamen Fachsprache), bieten aber auch die Möglichkeit, ähnliche Herausforderungen aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten und auf neue Ideen zur Bearbeitung konkreter Fragen zu kommen. Die Teilnehmenden gelangten schnell an den Punkt, an dem sie unbekannte Konzepte durch das persönliche Betrachten von Beispielen und durch Gespräche mit Kolleg*innen so gut verstehen konnten, dass sie in der Lage waren, bohrende Fragen zu stellen und auf Bereiche hinzuweisen, die aus ihrer Außenperspektive möglicherweise überdacht oder geändert werden müssten. Oder, wie eine Teilnehmerin es ausdrückte:
„Ich habe ein gutes Gefühl, wenn ich mit mehr Fragen als Antworten nach Hause gehe.“
Es bestehen viele Herausforderungen für die deutsche und amerikanische Gesellschaft und für politische Bildung selbst. Diese sind globaler und transatlantischer Natur, z. B. wenn es um Polarisierung, Extremismus, soziale Medien und Digitalisierung, die COVID-19-Krise und Wissenschaftsskepsis, um soziale Ungleichheit, Rassismus und Antisemitismus usw. geht – und dies in einer Situation, die von globalen Herausforderungen wie der Frage nach generationeller Klimagerechtigkeit ebenso geprägt ist wie von einer Rückkehr zynischer Machtpolitik im internationalen System.
In der gemeinsamen Diskussion konnten die Fellows über diese Herausforderungen auf neue Weise nachdenken und in einigen Fällen praktische Lösungen finden. Polarisierung beispielsweise ist in den USA weit verbreitet und in Deutschland auf dem Vormarsch, was den Bereich der politischen Bildung selbst komplex und anfällig macht. Bei einem Besuch vor Ort stellte eine Organisation die Weimarer Erklärung vor, eine Reihe von Leitprinzipien für die politische Bildungsarbeit im Lichte der jüngsten Anschläge in Deutschland. Eine US-amerikanische Teilnehmerin bezeichnete dies als praktisch nützliche Strategie, um in ihrem polarisierten Kontext mit einem nationalen Netzwerk für politische Bildung umzugehen.
Das Format betreffend, sind wir mehr denn je von der Bedeutung des persönlichen Austauschs überzeugt. Obwohl die anfänglichen Online-Sitzungen nützlich waren, um den Rahmen abzustecken, gilt wie ein Teilnehmer anmerkte:
„Es gibt nichts, was den persönlichen Austausch ersetzen kann – die Online-Sitzungen hatten ihren Zweck, aber alle Ideen und Inspirationen kamen aus den persönlichen Sitzungen wegen der großartigen Gruppenumgebung und dem persönlichen Kontakt.“
Als Organisator*innen und Moderator*innen haben wir festgestellt, dass persönliche Formate im Vergleich zu Online-Sitzungen viel kreativer, gemeinschaftlicher, fruchtbarer sind um „lasting results“ anzuregen. Dennoch hat es auch Vorteile, digitale Online-Vor- und Zwischensitzungen zu veranstalten, um persönliche Treffen vorzubereiten und zu koordinieren, die Kommunikationskanäle aufrechtzuerhalten, und vor allem um ein über die jeweilige Veranstaltung hinausgehendes Lernen und Commitment zu erzeugen, sobald die Teilnehmer*innen von den Begegnungen nach Hause zurückgekehrt sind. Schließlich empfanden die meisten Teilnehmer*innen die internen Gruppenformate (Reflexionsgruppen, thematische Arbeitsgruppen und Großgruppensitzungen) als den dialogisch zielführenden Aspekt des Programms. Das langfristige Format des „Group Fellowship“ ist ein zusätzlicher Aspekt, der unserer Meinung nach zu einem stärkeren Engagement der Teilnehmer*innen für den Prozess geführt hat.
Der transatlantische Austausch kann politische Bildung in Deutschland und den Vereinigten Staaten unterstützen, indem er Fragen zu grundlegenden Überzeugungen über diese Arbeit aufwirft. Bei der abschließenden Reflexion und Bewertung des Programms stellten viele Teilnehmer*innen fest, dass sich ihre Vorstellung von politischer Bildung erweitert hat. Viele Amerikaner*innen hatten die internationale Jugendarbeit oder die Erinnerungsarbeit bisher nicht mit Civic Education in Verbindung gebracht. In ähnlicher Weise wurden die deutschen Teilnehmenden dazu angeregt, über die Überschneidungen von bürgerschaftlichem Engagement, politischem Handeln und politischer Bildung nachzudenken. Der Blick von außen auf die eigene Arbeit fordert die Teilnehmer*innen heraus, ihre Arbeit neu zu überdenken.
Wie erwartet unterscheiden sich die Finanzierungsstrukturen, Politik, Institutionen und die pädagogischen Ansätze für politische Bildung und Jugendarbeit in den USA und in Deutschland erheblich. Dies stellte die Teilnehmer*innen vor die Herausforderung, sich mit neuen Konzepten und Begriffen vertraut zu machen, die Arbeit des anderen zu verstehen oder sich mögliche Arbeitspartnerschaften vorzustellen. Jedoch ein wichtiges „Take-Away“ ist, dass eben Strukturen nicht übereinstimmen müssen, um einen produktiven Austausch zu ermöglichen. Mit dem bewussten Bemühen, Wege zur Kommunikation über Unterschiede hinweg zu finden, wurde deutlich, dass weitere Partnerschaften möglich sind. Um es konkreter zu machen: Da es in den Vereinigten Staaten keine öffentlich geförderten oder nicht-formalen Bildungszentren wie in Deutschland gibt, müssen andere Institutionen als potenzielle Partner in Betracht gezogen werden, wie z. B. Universitäten und lokale Community Organizations. Indem sie sich für diese Partnerschaftsmöglichkeiten öffnen, müssen sich die Organisationen auch darauf einlassen, dass es andere Definitionen und Verständnisse politischer Bildung gibt, andere Strukturen und Begrifflichkeiten. Wichtig ist aber, dass sie ihre Vorstellungen von politischer Bildung einbringen und zur Diskussion stellen.
Persönliche Austauschmodelle sind ein unschätzbares Format für persönliches Wachstum, den Aufbau von Verbindungen und tiefgreifendes Lernen. Die praktischen Herausforderungen, die mit dem transatlantischen Austausch verbunden sind, bedeuten, dass wir auch in die Beforschung anderer Formate investieren müssen. Die Akteure des internationalen Austauschs waren während der Pandemie besonders herausgefordert, mit anderen Modellen zu experimentieren, da die damit verbundenen Reisebeschränkungen und COVID-Sicherheitsmaßnahmen die persönlichen Gruppentreffen einschränkten. Angesichts der schwierigen praktischen Zwänge, die sich speziell auf den transatlantischen Austausch auswirkten (höhere Kosten, größere geografische Entfernungen, ungünstige Zeitzonen), wird der Austausch zwischen den USA und Deutschland auch in der Zeit nach der Pandemie auf innovative Methoden angewiesen sein, um zugänglich, realisierbar und nachhaltig zu sein. Dies kann nur erreicht werden, wenn Projektorganisator*innen die nötige Flexibilität eingeräumt wird, vielversprechende Methoden und Konzepte, neue Strukturen und Partnerschaften durch Modellprojekte aufzubauen.
Schlussendlich: Ohne Wissen, Neugier, Enthusiasmus und ohne großen persönlichen Einsatz geht es nicht. Insbesondere daher möchten wir Katja Greeson, die die Internationale Arbeit im AdB über einen Zeitraum von beinahe 4 Jahren unterstützt hat, zuerst im Rahmen eines Bundeskanzler Stipendiums der Alexander von Humboldt Stiftung, dann im Rahmen des TECE-Projektes, ganz herzlich danken.
TECE wurde aus Mitteln des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) verwalteten Regionalförderprogramms (ERP-Programm) unterstützt.