In Gesprächen mit Vertreter*innen der Mitgliedseinrichtungen wird deutlich, dass sich die Träger mit Blick auf Formate und Zielgruppenansprache in den letzten zwei Jahren weiterentwickelt haben. Die Corona-Pandemie hat trotz aller Herausforderungen somit auch positive Entwicklungen beschleunigt: Neue Ideen sind entstanden, das technische Know-how der Kolleg*innen und die technische Ausstattung der Einrichtungen haben sich erheblich entwickelt und zum großen Teil als gewinnbringend herausgestellt. Alle Einrichtungen sind froh, wieder zu Präsenz-Veranstaltungen zurückkehren zu können, was vor allem bei Einrichtungen mit eigenem Beherbergungsbetrieb, aber auch für Träger, die Gedenkstättenfahrten und längere Bildungsurlaube anbieten, essentiell ist. Die Menschen wollen sich treffen und gemeinsame Zeit erleben. Dennoch werden auch in Zukunft hybride oder Online-Formate beibehalten, insbesondere im internationalen Bereich. Mit digitalen Formaten konnten neue Zielgruppen erschlossen werden, auch Referent*innen sind mitunter leichter zu gewinnen, wenn sie online dazu geschaltet werden. Der Reiseaufwand kann geringer gehalten und CO2 eingespart werden. Wie sich diese Entwicklung in Zukunft auf die weitere Bildungsarbeit auswirken wird, muss sich jedoch erst zeigen.
Die Fachkommissionen – Orte des fachlichen Diskurses und des kollegialen Austauschs
Die fünf AdB-Fachkommissionen sind zentrale Orte der Kommunikation, der fachlichen Weiterentwicklung und kollegialen Beratung im Verband. Die Mitglieder werden alle vier Jahre neu berufen und von zwei Vertreter*innen der Mitgliedseinrichtungen als Vorsitzende sowie von Mitarbeiter*innen der Geschäftsstelle begleitet. Die aktuelle Legislatur läuft bis Ende 2023. Jede Kommission trifft sich zwei Mal im Jahr. Einige Kommissionen verbinden die dreitägige Sitzung mit einem Fachtag oder einer kommissionsinternen Fortbildung. Aufgrund der Corona-Pandemie konnten nicht alle Sitzungen in Präsenz durchgeführt werden. Im Folgenden werden einige wenige Schwerpunkte benannt, die während des Berichtsjahrs im Fokus standen:
Den Verband gemeinsam weiterentwickeln – Kommission Jugendbildung
In der Frühjahrssitzung der Kommission Jugendbildung, die aufgrund der pandemischen Situation noch einmal digital stattfinden musste, stand der Austausch zu drei Schwerpunkten im Mittelpunkt: Neben den Erfahrungen des auslaufenden Projekts „Polyphon! Diversität in der politischen Bildung stärken“ und der dazugehörigen Abschlussveranstaltung stand auch die Frage im Raum, wie mit dem wachsenden Nationalismus in Deutschland und Europa in der politischen Bildung umgegangen wird. Ein weiteres Thema war die Beteiligung von jungen Menschen in der Seminargestaltung, sowie in den Einrichtungen selbst. Hier wurde z. B. von den Erfahrungen aus dem wannseeFORUM berichtet und des dort initiierten Jugendbeirats.
Erst im Herbst 2022 konnten die Kommissionsmitglieder im Haus Neuland zusammenkommen. Diese Präsenzsitzung war erst die zweite Sitzung dieser Art in der gesamten Legislatur. Daher stand sie ganz im Zeichen des persönlichen Kennenlernens. Weitere Aspekte waren das AdB-Jahresthema 2023 und die Beschäftigung mit dem Organisationsentwicklungsprozess des Verbandes. So tauschten sich die Kommissionsmitglieder über den ersten Entwurf des Positionspapiers zum Jahresthema 2023 aus und formulierten Veränderungsvorschläge. Mit Blick auf das Ende der Legislatur der Kommission wurde darüber diskutiert, welche Kommissionen es in Zukunft geben sollte und welche Schwerpunkte der Verband damit setzen könnte. Aus dieser Diskussion kam eine Anregung der Kommission, die dann auch in einem Antrag an die Mitgliederversammlung mündete, einen „Zukunftstag Kommissionen“ einzuberufen. Die Idee dieses Tages ist es, mit einer breiten Beteiligung der Mitglieder und der Mitarbeiter*innen bei den Trägern die (neue) Ausrichtungen der Kommissionen zu diskutieren.
Die erste Kommissionssitzung 2023 wird sich dem Thema psychische Gesundheit junger Menschen widmen, was ein sehr aktuelles und akutes Thema im Arbeitsalltag der Jugendbildner*innen darstellt.
Herausforderungen durch multiple Krisen – Kommission Europäische und
Internationale Bildungsarbeit
Die Kommission Europäische und Internationale Bildungsarbeit hat angesichts des unmittelbar vor der ersten Sitzung erfolgten Angriffs Russlands auf die Ukraine einen Appell verfasst und formuliert, was die Akteur*innen auf politischer und bildungspraktischer Ebene leisten können und sollten, um die Menschen in der Ukraine nicht alleine zu lassen. Was ist zu tun, um die Bildung für Demokratie und Frieden zu stärken? Der Angriff auf die Ukraine ist auch ein Angriff auf die Demokratie und die offene Gesellschaft, er zielt auf die europäische Friedensordnung und somit auf die Grundfesten politischer Bildungsarbeit. Und er zeigt, dass Frieden, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit keine Selbstläufer sind. Der Kommission geht es darum, die gemeinsamen Anstrengungen zu verstärken, gute, verlässliche und friedliche Beziehungen in Europa und der Welt zu schaffen und die demokratische Zivilgesellschaft in den beteiligten Ländern zu stärken. Der Appell kann auf der AdB-Website heruntergeladen werden.
Während die erste Sitzung online stattfand, ging es auf der in Präsenz realisierten Herbstsitzung vor allem darum, wieder in den persönlichen Austausch zu kommen. Schwerpunkte waren u. a. der pandemiebedingte seelische Zustand junger Menschen und die bildungspolitischen Aktivitäten rund um den Krieg in der Ukraine. Mental Health ist ein sehr aktuelles Thema für die Fachkräfte, das den AdB in verschiedentlicher Hinsicht weiter beschäftigen wird. Es geht darum, aktuelle Veränderungen wahrzunehmen und praktische Herausforderung zu bewältigen, wenn in Veranstaltungen der politischen Bildung Betroffene Unterstützung benötigen. Auch hier kann der Krieg in der Ukraine neben der Pandemie als eine der aktuellen Ursachen für psychische Belastungen benannt werden.
Schutzkonzepte für Bildungsstätten – Kommission Geschlechterreflektierte Bildung
Wie entstehen gute Schutzkonzepte vor sexualisierter Gewalt? Wie können diese in der Bildungspraxis verankert werden? Diese Fragen standen bei der ersten, online durchgeführten Sitzung der Kommission im Vordergrund und mündeten in der Entwicklung eines Schutzkonzeptes für Bildungsstätten. Es wurden Herausforderungen und Hemmnisse diskutiert und ein Austausch über den unterschiedlichen Stand der Schutzkonzepte in den Einrichtungen initiiert. Um dann konkret werden zu können und fundierte Ergebnisse zu bekommen, haben sich die Kommissionsmitglieder Expertise von außen geholt.
Auch in dieser Kommission wurden die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine diskutiert sowie die Folgen der Pandemie auf die politische Bildung – insbesondere mit Blick auf Frauen und Kinder und LGBTQI+.
Die zweite Sitzung widmete sich dem thematischen Schwerpunkt Antifeminismus und Neue Rechte. Auch hier wurden die Mitglieder der Kommission durch einen externen Input unterstützt. Am Anfang stand die Begriffsklärung und Definition der Begriffe „Neue Rechte“ sowie „Antifeminismus“. Darüber hinaus wurden Themenfelder, Akteur*innen und deren mediale Inszenierung sowie Netzwerke in den Fokus gerückt, ebenso wie die Rolle von Frauen als Aktivistinnen und treibende Kräfte in der extremen Rechten. Zudem wurde über die Praxis der geschlechtersensiblen Arbeit in der Prävention von Rechts diskutiert.
Politische Erwachsenenbildung weiterentwickeln – Kommission Erwachsenenbildung
Bei der ersten Sitzung im Online-Format standen zwei inhaltliche Schwerpunkte auf dem Programm: die Ergebnisse und Erkenntnisse des Projekts „Polyphon! Diversität in der politischen Bildung stärken“ sowie – als erster Anstoß – das Thema „Politische Bildung und Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE)“. Beide Themen werden die Kommission weiterhin begleiten. Die Auseinandersetzung mit dem Thema Rassismuskritik hat die Kommissionsmitglieder sensibilisiert und die Reflexion über die eigene Situation in den Bildungseinrichtungen beginnen lassen: Wie sind wir als Team aufgestellt und wie wollen wir zukünftig aufgestellt sein? Für die Auseinandersetzung mit BNE konnte die Expertise eines Kollegen aus der Kommission genutzt werden. Ziel war es, das Verhältnis von BNE und politischer Bildung zu klären und zu überlegen, wie die Kommission das Thema weiter bearbeiten kann.
In der zweiten Sitzung, die in Präsenz stattfinden konnte, stand das Thema Bildungsmarketing und deren Bedeutung für die politische Bildung auf der Agenda. Nach einem Input, bei dem es um die Grundlagen des Bildungsmarketings ging und Marketinginstrumente und Schritte für eine Werbekampagne sowie Beispiele für klassische Kommunikationsinstrumente und für eher ungewöhnliche Methoden vorgestellt wurden, wurden in Workshops an drei Themen gearbeitet: Bildungsurlaub – Formate und Ideen für die Zukunft; Begriffe und Kommunikationsformen; Social Media-Kampagnen und Website-Gestaltung.
Corona – Energiekrise – Personalknappheit. Herausforderungen für Bildungsstätten – Kommission Verwaltung und Finanzen
Beide Sitzungen der Kommission konnten in Präsenz stattfinden. Auch hier war für die Kolleg*innen der Krieg in der Ukraine sehr präsent. Viele Einrichtungen bieten Geflüchteten Hilfe und Unterstützung nach ihren Möglichkeiten an. Die aktuellen Preisentwicklungen, die zum Teil auf die Folgen der Corona-Pandemie zurückzuführen sind, aber durch den Krieg noch einmal eine neue Dynamik bekommen haben, stellen alle Bildungsstätten vor eine kaum zu lösende Aufgabe.
Der Schwerpunkt der Frühjahrssitzung lag auf dem Thema Personalgewinnung. Vor allem in den Bereichen Hauswirtschaft und Haustechnik ist es schwer, qualifiziertes Personal zu finden. Eine Möglichkeit, dem entgegenzusteuern, ist die Personalgewinnung durch Ausbildung am Beispiel des Einstiegsqualifizierungsprogramms der Agentur für Arbeit, das Jugendlichen durch ein Praktikum den Einstieg in das Berufsleben erleichtern soll.
In der Herbstsitzung wurde die Energiekrise mit ihren Auswirkungen auf die Planungssicherheit der Bildungseinrichtungen sowie die Herausforderungen einer digitalen Verwaltung erörtert. Bereits jetzt sind die Auswirkungen der Energiekrise für die AdB-Mitgliedseinrichtungen deutlich spürbar. Neben den steigenden Energie- und Lebensmittelkosten rechnen die Einrichtungen mittelfristig auch mit steigenden Personalkosten. Die Kommission resümiert, dass eine verlässliche Haushaltsplanung mit Blick auf die unklaren Perspektiven und die unvorhersehbaren Preisentwicklungen kaum möglich ist.