Die aktuelle Corona-Krise ist eine Herausforderung für die Gesellschaft als Ganzes. Doch welche Auswirkungen hat sie insbesondere auf gleichstellungspolitische Belange? Mit dieser Fragestellung hat sich die AdB-Fachkommission Geschlechterreflektierte Bildung im Rahmen ihrer Online-Sitzung am 12. und 13. April 2021 vertiefend auseinandergesetzt.

Dr. Aline Zucco, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts mit dem Schwerpunkt Geschlechterforschung, stellte am ersten Tag die Forschungsergebnisse der aktuellen Studie "Stand der Gleichstellung. Ein Jahr mit Corona" vor. Die Studie betrachtet die Auswirkungen der Pandemie auf den Gender Pay Gap, auf Arbeitszeiten und die Aufteilung von Sorgearbeit. Die Entwicklungen sind noch nicht eindeutig, deutlich ist jedoch: Die Hauptlast der Sorgearbeit (bezahlt und unbezahlt) wird auch in der Pandemie weiterhin von Frauen getragen. Zudem haben vorwiegend Frauen bedingt durch Kita- und Schulschließungen ihre Arbeitszeit zugunsten der Kinderbetreuung reduziert. Um einer Re-Traditionalisierung und einer Verschärfung von bestehenden Ungleichheitsstrukturen zwischen den Geschlechtern entgegenzuwirken, werden in der Studie Maßnahmen wie die Verbesserung bei der Kinderbetreuung, die Reformation der Ehegattenbesteuerung bis hin zu Formen der verkürzten Teilzeit vorgeschlagen.

Am zweiten Tag diskutierten die Kommissionsmitglieder die Fragestellung mit einem vertiefenden Blick auf die Intersektionen Be_Hinderung und Gender. Zu Gast in der Kommission war dazu Inga Reichelt, Doktorandin an der School of Sociology and Social Policy und Mitglied des Centre for Disability Studies an der University of Leeds und selbst Rollstuhlfahrerin. Sie hat sich in ihrem Input mit den Begriffen Pay Gap, Time Gap und Care Gap aus intersektionaler, queerer und anti-ableitischer Perspektive auseinandergesetzt.

Inga Reichelt machte deutlich, welche Schwierigkeiten, aber auch Verbesserungen die – insbesondere mit der Pandemie einhergehende – Digitalisierung aus verschiedenen Perspektiven mit sich gebracht hat. Der Input hat den Blick geweitet und u. a. sichtbarer gemacht, auf welchen verschiedenen Ebenen Barrierefreiheit gedacht werden muss. In der anschließenden Diskussion wurde deutlich, wie vielfältig und unterschiedlich die Bedürfnisse sind und wieviel mehr nach diesen unterschiedlichen Zugängen und Voraussetzungen gefragt werden und diese mitgedacht werden sollten.

Im Anschluss wurden die Fragen: "Was bedeutet das für unseren Bildungsauftrag?", "Was bedeutet das für die politische Bildung?" und "Welche Anregungen kann ich für meine praktische Arbeit mitnehmen?" diskutiert.

Zu Gast in der Kommission war zudem Lea Jaenicke aus der AdB-Geschäftsstelle. Sie stellte die aktuelle Ausschreibung "Was WEISS ich – rassismuskritisch denken lernen" vor, die sich an das AdB-Jahresthema 2021 anschließt. Zudem präsentierte sie die Weiterentwicklung der digitalen Plattform politischbilden.de.

Die Kommission wird sich in einigen Wochen erneut online treffen, um den Austausch zu intensivieren und zu diskutieren, wie die Sichtbarkeit der Kommissionsarbeit verbessert werden kann.