“Demokratie
braucht
politische Bildung”

Wählen dürfen ist nur ein Baustein zur Beteiligung

Teilnehmende des Symposiums zum AdB-Modellprojekt "Zum Wählen zu jung? Die Altersfrage und Generationengerechtigkeit"
12.12. 2014

Symposium diskutierte über Generationengerechtigkeit

 

 

Mit einem Symposium startete das AdB-Modellprojekt „Zum Wählen zu jung? Die Altersfrage und Generationengerechtigkeit“ am 9. Dezember 2014 in Berlin und gab Experten die Gelegenheit, ihre Thesen zur Generationengerechtigkeit mit den Akteuren des Projekts aus fünf Bildungseinrichtungen zu diskutieren. Kann die Absenkung des Wahlalters für mehr Generationengerechtigkeit sorgen? Dies war die zentrale Frage der Veranstaltung, zu der Boris Brokmeier, Referent für Jugend- und Fortbildung des AdB, rund 20 Teilnehmende im Berliner Tagungszentrum „Weiberwirtschaft“ begrüßen konnte. Der Projektkoordinator Christoph Kröger stellte zunächst die inhaltlichen und strukturellen Eckpfeiler des zweijährigen Modellprojekts dar und hob die Bedeutung der generationsübergreifenden Bildungsprozesse hervor.

 

Die Abschaffung jeglicher Altersbeschränkungen bei Wahlen stellte die Kernaussage von Wolfgang Gründinger dar, der als Vorsitzender der Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen damit einen deutlichen Aufschlag wagte. Für ihn stellt Alter keinen Maßstab zur Beurteilung der Wahlfähigkeit dar, da auf der einen Seite demenzkranke alte Menschen wählen dürfen, auf der anderen Seite Kinder und Jugendliche ausgeschlossen werden. Er führte einige, aus seiner Sicht paradoxe Situationen auf, die seine These untermauerten. So ist eine Parteimitgliedschaft ab 16 Jahren möglich und damit auch die Teilnahme an parteiinternen Mitgliederbefragungen, wie z. B. die Abstimmung über eine Koalitionsvereinbarung. Die Beteiligung an der eigentlichen Wahl bleibt ihnen aber verwehrt.

 

In einem zweiten Beitrag berichtete der Geschäftsführer des Brandenburger Landesjugendrings, Bernd Mones, über die ersten Erfahrungen mit der Absenkung des Wahlalters in Brandenburg bei der jüngsten Landtagswahl im September. Mones hob hervor, dass die Absenkung des Wahlalters das Ergebnis eines langjährigen politischen Diskussionsprozesses gewesen ist, an dessen Ende die Änderung der Landesverfassung stand. Parallel zum Landtagswahlkampf organisierten die Jugendverbände und Träger der politischen Bildung mehrere Projekte, die Jugendliche auf ihr Wahlrecht aufmerksam machen sollten und sich mit der parlamentarischen Demokratie auseinandersetzten. Im Ergebnis nahmen etwa 40 Prozent der 16- und 17-Jährigen an der Wahl teil. Dieses ernüchternde Ergebnis ist aber aus Sicht des Referenten als Aufforderung an die Parteien zu verstehen, ihre Themenauswahl, ihren Wahlkampf und ihre Kandidatenauswahl zukünftig stärker an den Interessen junger Menschen auszurichten. Für die Brandenburger Verbände stellt die Absenkung des Wahlalters aber nur einen Baustein zur Verbesserung der Partizipation in den Kommunen und im Land dar, betonte Mones in der Diskussion.

 

In einem dritten Beitrag ging der Altersforscher Dr. Peter Zeman vom Deutschen Institut für Altersfragen (DZA) auf die Frage ein, ob es unter den sich verändernden demografischen Bedingungen Generationengerechtigkeit in Kommunen gibt. Statt des von den Medien angekündigten „Krieges der Generationen“ könne er viel mehr „Generativität“ feststellen, die den Willen Älterer beschreibt, etwas an Jüngere weiterzugeben. Kommunen sind immer die Seismografen des gesellschaftlichen Wandels, da sie diesen entweder nachvollziehen oder für ihre Bürgerinnen und Bürger organisieren müssen. Das ist aus Zemans Sicht beim demografischen Wandel nicht anders. Entscheidend ist aber, dass die Leistungen für junge Menschen und deren Beteiligung im Jugendhilferecht festgeschrieben seien, während es vergleichbare Regelungen für ältere Menschen nicht gibt.

 

Seit einigen Jahren ist aber ein Paradigmenwechsel von der „Altenhilfe“ zur Generationenpolitik festzustellen, welche die Demografiepolitik mit einschließt. Zemann machte deutlich, dass auch für alte Menschen der Lebensweltbezug von Bedeutung ist und ein großes Interesse an Generationenbeziehungen bestehe, die im Alltag nicht mehr in dem Maße wie früher vorhanden sind. Insofern begrüßte er das AdB-Modellprojekt und betonte, dass die Generationenbeziehungen auf der persönlichen Ebene stattfinden und einen gemeinsamen Lernprozess beinhalten sollten. Generationenkonflikte vollziehen sich nach seinen Erkenntnissen eher innerhalb einer Generation und nicht generationsübergreifend, was als eine große Chance für das Gelingen des Projekts bewertet wurde.

 

Foto: © AdB