“Demokratie
braucht
politische Bildung”

Wachstum – Gerechtigkeit – Teilhabe. Nachhaltige Klimapolitik gestalten (Bielefeld)

7.12. 2011

Spätestens mit dem IPCC-Bericht (Intergovernmental Panel on Climate Change) von 2007 wurde der Klimawandel gesellschaftlich wahrgenommen. Inzwischen ist unumstritten, dass Reduktionen des CO2-Ausstoßes um mindestens 20 % auf europäischer Ebene, bis 40 % auf Bundesebene notwendig sind. Das schwere Reaktorunglück von Fukushima führte in der Bundesrepublik zu einem Ausstieg aus der Atomenergie. Um die Klimaziele zu erreichen, die Energieversorgung ohne Atomenergie sicherzustellen und die Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit zu gewährleisten, sollen in Deutschland die regenerativen Energien auf 35 % bis 2020 ausgebaut werden. Nicht-fossile Energieträger wie Sonne, Windkraft oder Wasser leisten zwar mit inzwischen 20 % der Stromerzeugung einen erheblichen Beitrag für die deutsche Energieversorgung, doch wollen sowohl Deutschland wie die Europäische Union die Anteile erneuerbarer Energien am Strommix weiter erhöhen, um so dem Prinzip von Nachhaltigkeit und Klimaschutz Geltung zu verschaffen. Dazu gehört auch eine Steigerung der Energieeffizienz um mindestens 20 % bis 2020 in Europa. Es ist abzusehen, dass die energiepolitische Wende zu tiefgreifenden Veränderungen bei Erzeugung, Versorgung und Preisentwicklung von Energie führen wird und politische Kontroversen um den eingeschlagenen Weg nicht ausbleiben werden. Diese Entwicklung sollte die politische Bildung aufgreifen, begleiten und kommentieren.

 

Die deutsche Energieversorgung liegt heute zu großen Teilen in den Händen weniger großer Energieversorger. Die Zahl von Bürgerinnen und Bürgern sowie zivilgesellschaftlicher Akteure, die für eine verstärkte dezentrale Energieversorgung durch viele kleine und größere sowie kommunale Unternehmen, Privathaushalte, aber auch durch gemeinschaftlich betriebene Anlagen wie z. B. Bürgerwindkraftanlagen plädieren, steigt. Sie wollen so den Bürgerinnen und Bürgern mehr Mitwirkungs- und wirtschaftliche Beteiligungsmöglichkeiten eröffnen. Auch Auswahl und Entscheidung über Standorte neuer Energieanlagen sollen zukünftig verstärkt durch noch zu entwickelnde demokratisch legitimierte Verfahren der Bürgerbeteiligung vor allem im Vorfeld und am Anfang der Planungen erfolgen, um spätere – hochemotionale und kostenträchtige – Auseinandersetzungen zu verhindern. Da die deutsche Energiepolitik aber maßgeblich von der Bundesregierung bestimmt wird, bedürfte es einer bundespolitischen Initiative, um Veränderungen und mehr Bürgerbeteiligung herbeizuführen.

 

Politische Bildung greift aktuelle gesellschaftspolitische Themen auf und fördert die Handlungs- und Partizipationskompetenz der Bürgerinnen und Bürger durch vielfältige Bildungsangebote. Daher sind Initiierung, Begleitung und Moderation solcher Prozesse ihrem Wesen nach eine ureigene Aufgabe der politischen Bildung. Für diese Aufgabe muss sie die notwendigen Fördermittel erhalten.

 

Im Jahr 2012 liegt die Rio-Konferenz über Umwelt und Entwicklung zwanzig Jahre zurück. Die Vereinten Nationen haben die Jahre 2005 bis 2014 zur Dekade der „Bildung für eine nachhaltige Entwicklung“ ausgerufen und eine Vielzahl von Aktivitäten initiiert. Der AdB unterstützt das Prinzip einer nachhaltigen Entwicklung uneingeschränkt. Die Gerechtigkeit zwischen den Generationen, die Wahrung der Chancen aller jetzt und zukünftig lebenden Menschen auf ein menschenwürdiges Leben und die Bewahrung der natürlichen Ressourcen sind wichtige und berechtigte Ziele, die auch in der politischen Bildung noch stärker thematisiert und berücksichtigt werden sollten.

 

Der AdB ruft daher seine Mitglieder auf, verstärkt Projekte und Bildungsangebote für eine nachhaltige Entwicklung anzubieten, da diese sich im besonderen Maße dazu eignen, komplexe und globale Zusammenhänge zu veranschaulichen und mit den Teilnehmenden zu bearbeiten. Sie bieten auch Gelegenheit, die Kontroversen und politischen Debatten über die Ursachen des Klimawandels und die besten Wege einer nachhaltigen Politik aufzugreifen und zusammen mit den Teilnehmenden unterschiedliche Sichtweisen zu diskutieren.

Beschluss der AdB-Mitgliederversammlung, Bielefeld, 7. Dezember 2011